I. Einleitung
Eine bundesweit einheitliche Aufsicht hatte der Verband zuletzt in seiner Stellungnahme vom 31. Januar 2022 gefordert. Wir begrüßen es daher sehr, dass das Bundesjustizministerium sich bereits zu Beginn der Legislaturperiode um die Zentralisierung der Aufsicht für Inkassodienstleister und Unternehmen kümmert.
Nach wie vor bewegt sich ein großer Teil der Legal Tech Geschäftsmodelle, die Geldforderungen von Verbrauchern durchsetzen, in Deutschland als Inkassodienstleister. Ihr Vergütungsmodell, das oft mit Prozessfinanzierung verknüpft ist („no win no fee“), hat vom Gesetzgeber am Ende der vergangenen Legislaturperiode Rechtssicherheit erhalten („Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt 15. August 2021“ – oder „Legal Tech Gesetz“). Neben Inkassodienstleistern agieren zunehmend auch Unternehmen am Markt, die sich unmittelbar rechtsberatend an Verbraucherinnen und Verbraucher wenden. Die nach den Vorschriften des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) erlaubte Rechtsberatung durch Inkassodienstleister und Unternehmen hat in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen und wird weiter wachsen.
Die Schaffung einer zentralen Aufsichtsbehörde ist zwingend notwendig, um die Qualität der Angebote für Verbraucherinnen und Verbraucher zu sichern und diese zu schützen. Bisher liegt die Aufsicht bei den Justizbehörden der Bundesländer, die insgesamt 38 verschiedene Stellen im Land betraut haben (Gerichte und Staatsanwaltschaften). Eine einheitliche Kontrolle und Aufsicht ist aktuell also nicht gegeben. Der Bund möchte als Inhaber der Gesetzgebungskompetenz für das RDG die Aufsicht auf das Bundesamt für Justiz übertragen („fakultative Bundesverwaltung“). Damit wird vollzogen, was der Bundestag schon in Entschließungen vom 27. September 2020 und 10. Juni 2021 zu recht gefordert hatte.
Allerdings bleiben bei dem nun vorgelegten Referentenentwurf wichtige Aspekte offen: In den Anwaltskanzleien besteht auch nach Inkrafttreten des “Legal Tech Gesetzes” zu wenig rechtliche Bewegungsfreiheit, um große technologische Investitionen zu stemmen und bestimmte Vergütungsmodelle überhaupt anbieten zu können, die nichtanwaltliche Strukturen inzwischen rechtssicher anbieten dürfen. So greift der Referentenentwurf die im Koalitionsvertrag vorgesehene Modifizierung des Verbots für Erfolgshonorare für Anwälte in keiner Weise auf. Der Legal Tech Verband möchte an dieser Stelle nochmals auf die Wichtigkeit der Einhaltung des europarechtlichen Kohärenzgebots und einem fairen Wettbewerb hinweisen (vgl. detaillierte Ausführungen unter V.) und geht aufgrund des klaren Auftrags im Koalitionsvertrag davon aus, dass das BMJ das Thema Erfolgshonorare in einem gesonderten Gesetzgebungsverfahren angeht oder in dem vorgelegten Entwurf ergänzt.
Zum vorliegenden Referentenentwurf nehmen wir wie folgt Stellung:
II. Zentralisierung der Aufsicht
Die Zentralisierung der Aufsicht über Legal Tech Geschäftsmodelle ist richtig. Es macht keinen Sinn, dass eine Vielzahl von Landesbehörden einen Flickenteppich von Einzelentscheidungen schafft. Dies umso mehr, als die Aufsicht seit der Reform vom August 2021 überhaupt erst berufen ist, Geschäftsmodelle zu beurteilen und diese Entscheidungen später Bindungswirkung in Zivilprozessen um die Durchsetzung von Forderungen durch die Anbieter entfalten. Das ist ein Systemwechsel, für den die Landesstellen, die bisher nur einige formale Fragen prüfen durften (Haftpflichtversicherung des Betreibers etc.), häufig gar nicht ausgestattet sind. Seit August 2021 müssen die Aufsichtsstellen zum Beispiel abgrenzen, welche Beratungspakete von Geschäftsmodellen unter den Begriff der „Inkassodienstleistung“ fallen und welche nur als Nebenleistungen oder gar nicht registriert werden können. Es ist absolut notwendig, dass dafür eine professionelle und einheitliche Aufsichtsstruktur errichtet wird. Die Ansiedlung beim Bundesamt für Justiz als zentraler- und mit anderen Genehmigungsverfahren bereits vertrauter Dienstleister für die deutsche Justiz begrüßen wir. Eine umfassende Stärkung mit Ressourcen und rechtlichen sowie technischen Know how ist für eine professionelle Umsetzung der neuen Aufgabe unumgänglich. Der aktuelle Referentenentwurf sieht die neue Zuständigkeit des Bundesamtes für Justiz erst mit Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2025 vor. Dies ist aus Sicht des Legal Tech Verbandes Deutschland zu spät – einer früheren Zuständigkeitserteilung stehen auch keine organisatorischen oder sonstigen Gründe entgegen. Die bereits benannte umfassende Beurteilungspflicht von neuen Geschäftsmodellen fordert einen hohen Grad an Fachwissen in den Bereichen Recht und Technik beim Personal sowie hinreichende Ausstattung der Aufsichtsstellen. Der Status Quo in den aktuell zuständigen Landesbehörden ist häufig nicht ausreichend, um eine bundesweit einheitliche Beurteilung sicherzustellen. Sollten die Landesbehörden weitere zweieinhalb Jahre zuständig bleiben, ginge dies mit einem nicht unerheblichen personellen und finanziellen Aufwand seitens der Länder einher. Diesen Aufwand mit dem Wissen zu betreiben, dass die Zuständigkeit zeitnah ausläuft, halten wir weder für zielführend noch für effizient. Aufgebautes Wissen ginge bei der Übergabe an das Bundesamt für Justiz zwangsläufig wieder verloren, was eine qualitativ hochwertige und bundesweit einheitliche Beurteilung unnötig – und um Jahre – verzögern würde. Der Legal Tech Markt erlebt aktuell ein nie dagewesenes Wachstum, so dass mit einem erhöhten Aufkommen an Anfragen zu rechnen ist. Eine fachgerechte und einheitliche Beurteilung neuer – und regelmäßig hochkomplexer – Geschäftsmodelle ist dabei essentiell und von hoher Bedeutung für die Zukunft des deutschen Rechtsmarktes. Es sind auch keine Gründe ersichtlich, die einer zeitnahen Übertragung der Zuständigkeit auf eine Bundesbehörde entgegenstehen. Im Ergebnis begrüßen wir die Zentralisierungsvorhaben vollumfänglich und stehen im weiteren Umsetzungsprozess mit unserem Netzwerk und Fachwissen zur Verfügung. Der Legal Tech Verband Deutschland regt ein Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2023 an.
III. Vereinheitlichung der Bußgeldtatbestände
Der vorliegende Referentenentwurf unternimmt eine weitestgehende Vereinheitlichung der Bußgeldtatbestände für die Verletzung des Rechtsdienstleistungsgesetzes. Der Ansatz der Gleichbehandlung von betroffenen Rechtsgebieten ist nachvollziehbar. Auch der Legal Tech Verband Deutschland setzt sich für einen umfassenden Verbraucherschutz ein und hält die geplante Ausweitung der Bußgeldtatbestände für nachvollziehbar. Eine Herausforderung könnte darin liegen, dass die Zuständigkeit der neuen zentralen Aufsichtsbehörde und die neuen Bußgeldvorschriften zeitgleich (aktuell geplant zum 1. Januar 2025) in Kraft treten. Die neue Aufsichtsbehörde wird sich praktisch erst etablieren müssen – die vorgesehenen verschärften Bußgeldtatbestände würden eine zusätzliche Herausforderung darstellen. Denn das “Legal Tech Gesetz” definiert zwar erste Begriffe, insgesamt sehen sich die nicht-anwaltlichen Anbieter aber nach wie vor in einem weitestgehend unregulierten Umfeld und gehen damit oft ein nicht unerhebliches unternehmerisches Risiko ein. Verschärfte Bußgelder sollten daher erst nach der Umsetzung und Etablierung einer funktionierenden zentralen Aufsichtsbehörde eingeführt werden, um die sich in einem ohnehin nur wenig regulierten Rechtsrahmen bewegende Legal Tech Szene nicht weiter zu schwächen und so Innovation zu hemmen. Der Legal Tech Verband Deutschland begrüßt die im Referentenentwurf vorgesehene Verschärfung der Bußgeldtatbestände. Diese müssen aber zunächst klar definiert und kommuniziert werden, um weitere Innovationen im Rechtsmarkt nicht hemmend entgegenzuwirken. Des Weiteren sollte die neue Aufsichtsbehörde eine praktische Vorlaufzeit zur Etablierung erhalten. Wir regen an, das Inkrafttreten der neuen Bußgeldtatbestände auf zwei Jahre nach Inkrafttreten der Zuständigkeit der zentralen Aufsichtsbehörde zu terminieren.
IV. Keine weiterführende Übertragung anwaltlicher Regelungen in das RDG
Das Ministerium verzichtet mit dem Referentenentwurf auf andere Maßnahmen der Angleichung zwischen dem Regime der Rechtsdienstleister und der Anwälte. Diese Frage war im Dezember 2021 und Januar 2022 vom Ministerium mit einigen Verbänden erörtert worden, etwa mit Blick auf Interessenkollisionen, Geheimnisschutz oder Ausbildungsvorgaben für Anbieter von Rechtsdienstleistungen. Der Verband hält diese Entscheidung für richtig, zum jetzigen Zeitpunkt ist eine weitere Übertragung anwaltlicher Regelungen in das RDG nicht erforderlich.
V. Referentenentwurf bleibt hinter dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben zurück
- Prozessfinanzierung
Aus Sicht der Anwälte, die sich mehr Gestaltungsfreiheit bei Vergütungs- und Finanzierungsmodellen wünschen, ist der Entwurf bedauerlicherweise enttäuschend. Die Regierung hat sich im Koalitionsvertrag auf eine Modifizierung des Verbots für Erfolgshonorare für Rechtsanwälte geeinigt, dieses wird in dem vorliegenden Entwurf in keiner Weise aufgegriffen. Die rechtliche Lage für Anwältinnen und Anwälte stellt sich nach wie vor wie folgt dar: Rechtsanwälte haben einen klaren Wettbewerbsnachteil gegenüber Inkassodienstleistern, denn sie können ihren Mandanten die Prozessrisiken nicht abnehmen. Hier muss der Entwurf erweitert werden, um dem europarechtlichen Kohärenzgebot, aber vor allem auch dem fairen Wettbewerb unterschiedlicher Marktakteure Ausdruck zu verleihen. Dazu gehören die Abschaffung der engen Begrenzungen von Erfolgshonoraren für Rechtsanwälte, die Gestattung der Übernahme von Fremdkosten und die Öffnung des Provisionsverbots. Die aktuell geltenden Regelungen sind nicht hinreichend geeignet, der Ungleichbehandlung zwischen Rechtsanwälten und Rechtsdienstleistern bei der Ausgestaltung ihrer Vergütungsmodelle zu begegnen. Die den Anwälten auferlegte Streitwertgrenze von EUR 2.000 verwehrt ihnen den Zugriff auf wirtschaftlich attraktive Mandate und muss umgehend aufgehoben werden. Auch eine Anhebung der Streitwertgrenze auf einen anderen Betrag (z.B. EUR 5.000 oder EUR 20.000) würde die Ungleichbehandlung nicht hinreichend lösen, da die Streitwertbestimmung aus Anwaltssicht stets mit Unsicherheit verbunden ist und oft erst nachträglich durch ein Gericht geklärt wird. Außerdem torpediert das Bundesjustizministerium mit der Streitwertbegrenzung sein eigenes Vorhaben, eine Gleichbehandlung zwischen Anwälten und nicht-anwaltlichen Anbietern zu erreichen (Kohärenzgebot). Der Verband ist der Auffassung, dass diese Ungleichbehandlung und die damit einhergehenden Wettbewerbsnachteile nur durch eine vollständige Streichung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren und der Kostenübernahme aufgelöst werden kann. Des Weiteren sollte das Provisionsverbot für Rechtsanwälte geöffnet werden.
2. Reallabore als modernes Regulierungsinstrument
Reallabore wären ein weiterer Baustein auf dem Weg zu mehr Zugang zum Recht und zur Stärkung des Rechtsmarkts. Als Anwendungsfall eignet sich insbesondere das unter V.1. beschriebene Thema der Prozessfinanzierung, denn Reallabore können eine wertvolle Erkenntnisquelle für einen angemessenen regulatorischen Rahmen des künftigen Rechtsdienstleistungsmarkts sein. Mit Reallaboren im Bereich des Rechts würde die Bundesregierung den Rechtsstandort Deutschland im internationalen Vergleich stärken, Innovationen und Investitionen anregen, die Digitalisierung im Rechtsmarkt im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher vorantreiben und klare, aber nicht unflexible Rahmenbedingungen für eine bessere Regulierung im Rechtsmarkt schaffen. Reallabore werden in vielen – streng regulierten – Branchen bereits erfolgreich eingesetzt (u.a. Fintech, Luftfahrtrecht, Auto-Mobilität). Für den Rechtsmarkt bieten sich verschieden Bereiche für die Testung in einem Reallabor an, hierzu gehört jedenfalls auch die Lockerung des Erfolgshonorar- sowie des Provisionsverbotes (Formulierungsvorschlag s.u.).
Die Regelungstechnik für Reallabore besteht üblicherweise in einer Experimentierklausel anstatt von starren einzelnen Rechtsregeln. Erlaubnisse werden mit auf den Einzelfall zugeschnittener (risikobasierter) Regulierung erteilt. Da die Aktivität reguliert wird und nicht der Anbieter, kann grundsätzlich jeder an einem Reallabor teilnehmen. Bedingung ist üblicherweise, dass Bewerberinnen und Bewerber eine Exit-Strategie mitbringen müssen. Reallabore zeichnen sich außerdem dadurch aus, dass sie von Aufsichtsbehörden (manchmal auch von Stakeholdern) genau beobachtet werden. Das erlaubt unternehmerische Freiheit und schafft gleichzeitig Erkenntnisse für Gesetz- und Verordnungsgeber. Optimalerweise dienen Reallabore also nicht nur dem Markt, sondern auch dem Regulator. Die konkrete Umsetzung von Pilotprojekten sollte den Ländern und damit den einzelnen Kammern obliegen. Denn im deutschen föderalistischen System wäre ein Bundes-Reallabor ein Fremdkörper. Die Bundesregierung sollte aber die Begleitforschung unterstützen, um empirisch belastbare Zahlen über den Rechtsmarkt und die neuen Anbieter als Grundlage für gesetzgeberische Reformen zu erhalten. Die Bundesregierung sollte Reallabore künftig auch im Bereich der Rechtsberatung zulassen und nutzen. Die Testung einer Lockerung des Erfolgshonorar- sowie des Provisionsverbotes bietet sich hierfür insbesondere an.
Formulierungsvorschlag Experementierklausel
I. Regelungsvorschlag Vergütungs-Reallabor BRAO
In die Bundesrechtsanwaltsordnung wird eine Experimentierklausel wie folgt eingefügt:
§ XXa BRAO (neu) Reallabor
(1) Die Rechtsanwaltskammer wird ermächtigt, zur Erprobung von verbraucherschützenden Geschäftsmodellen auf Antrag Ausnahmen
- a) vom Verbot von Erfolgshonoraren (§ 49 b Abs. 2) und
- b) vom Verbot der Abgabe und Entgegennahme eines Teils der Gebühren
oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen (§ 49 b Abs. 3)
zuzulassen.
(2) Die Erprobung darf höchstens für einen Zeitraum von 2 Jahren gewährt werden. Eine Verlängerung für 2 weitere Jahre kann einmal gewährt werden.
(3) Der an der Erprobung teilnehmende Rechtsanwalt hat der Rechtsanwaltskammer für die Evaluation seines Geschäftsmodells Geschäftsberichte zur Verfügung zu stellen. Satz 1 gilt für die an der Erprobung teilnehmende Berufsausübungsgesellschaft entsprechend.
(4) An der Evaluation sollen Vertreter der Rechtsaufsicht, der Anwaltvereine im Bezirk der Rechtsanwaltskammer, der Industrie- und Handelskammer sowie der Verbraucher beteiligt werden.
§ 177 Abs. 2 Nr. 8 BRAO (neu) (Aufgaben der Bundesrechtsanwaltskammer)
(2) Der Bundesrechtsanwaltskammer obliegt insbesondere,
…
- Richtlinien für die Berufsaufsicht über Geschäftsmodelle und die Evaluation der Reallabore (§ XX a) aufzustellen.
VI. Klarstellungen in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)
Der vorliegende Referentenentwurf sieht auch Änderungen an der BRAO vor. Die vorgeschlagenen Änderungen bei § 45 BRAO und § 207 BRAO sind sinnvoll und werden unterstützt. Der Legal Tech Verband Deutschland regt darüber hinaus zwei weitere Anpassungen innerhalb der BRAO an, die mit dem hiesigen Referentenentwurf eingebracht werden sollten.
- Klarstellende Änderung in § 31 Abs. 4 Nr. 6 a) BRAO nF
Nach dem neuen § 31 Abs. 4 Nr. 6 BRAO sind bestimmte Daten der Gesellschafter zu registrieren. Die Regelung ist sinnvoll, da sie für Transparenz und mehr Informationen sorgt. Sie bedeutet aber für internationale Kanzleien, dass alle weltweit tätigen Partner in Deutschland zu registrieren sind. Dies sind bei großen Kanzleien nicht selten weit mehr als hundert Personen. Die Vorschrift unterscheidet dabei nicht, ob ein im Ausland sitzender Partner beabsichtigt, sich in Deutschland um eine Zulassung oder um eine Niederlassung nach § 2 EuRAG oder § 206 BRAO zu bemühen. Das bedeutet eine nicht zu unterschätzende zusätzliche Arbeitsbelastung – insbesondere für die Rechtsanwaltskammern. Solange eine Tätigkeit in Deutschland nicht beabsichtigt ist, besteht kein Bedürfnis für eine so weitreichende Registrierung. Hinzu kommt, dass interessierte Rechtsuchende auch die Möglichkeit haben, sich in internationalen Registern über diejenigen Partner zu informieren, die ohne Berührung zu Deutschland in ausländischen Büros tätig sind. Eine darüber hinausgehende Registrierung in Deutschland ist also nicht erforderlich.
Wir regen daher an, den Wortlaut des § 31 Abs. 4 Nr. 6 BRAO dahingehend klarzustellen, dass nur “in Deutschland zugelassene oder niedergelassene“ Partner gelistet werden müssen. Dies umfasst neben den in Deutschland zugelassenen Anwälten auch niedergelassene EU-Anwälte und die nach § 206 als Kammermitglied aufgenommenen ausländischen Anwälte.
2. Klarstellende Änderung in § 59o Abs. 2 und Abs. 4 BRAO nF
In dem neuen § 59o Abs. 2 und Abs. 4 BRAO nF (Mindestversicherungssumme und Jahreshöchstleistung) wird nach dem Wortlaut nicht nur auf die Anzahl der in Deutschland fachlich tätigen Personen (Abs. 2) oder die Zahl der Gesellschafter oder Zahl der Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter sind, abgestellt (Abs. 4). Diese Regelung ist für rein deutsche Berufsausübungsgesellschaften sinnvoll, weil damit das Tätigkeitsrisiko in Deutschland im Hinblick auf die Vermögensschadenshaftpflichtversicherung angemessen berücksichtigt wird.
Anders hingegen bei ausländischen Berufsausübungsgesellschaften in Deutschland. Nach dem Wortlaut kommt es auf alle fachlichen Mitarbeiter (Abs. 2) bzw. alle Gesellschafter (Abs. 4) weltweit an, also auch auf diejenigen, die in Deutschland weder zugelassen noch niedergelassen sind.
Dem Zweck der Vorschrift folgend sollte lediglich auf die in Deutschland tätigen Personen abgestellt werden. Denn der in der Gesetzesbegründung für Abs. 2 benannte Zweck des verbesserten Zugangs für kleine Kanzleien läuft sonst ins Leere. Es ist nicht nachvollziehbar, warum bei einer ausländischen Berufsausübungsgesellschaft auch auf fachliche Mitarbeiter abgestellt wird, die in Deutschland weder zugelassen noch niedergelassen sind. Das „typischerweise geringere Haftungsrisiko“, auf das die Gesetzesbegründung zu § 59o Abs. 2 BRAO nF abstellt, ist bei einer kleinen deutschen Zweigniederlassung ebenfalls typischerweise klein, so dass es nicht gerechtfertigt ist, deutsche und ausländische Einheiten unterschiedlich zu behandeln.
Diese Erwägungen gelten umso mehr bei § 59o Abs. 4 BRAO nF. In der Gesetzesbegründung heißt es, dass mit steigender Zahl von Gesellschaftern auch die Zahl der bearbeiteten Mandate und damit das Schadensrisiko steigt. Das gilt aber nicht für diejenigen Gesellschafter, die weder in Deutschland zugelassen noch niedergelassen sind. Damit steigen die Versicherungskosten für ausländische Berufsausübungsgesellschaften erheblich, was eine nicht zu erklärende Schlechterstellung der ausländischen Berufsausübungsgesellschaften ergibt. Denn Zweck der Neuregelung ist es nicht, ausländische Berufsausübungsgesellschaften besser oder schlechter zu stellen als inländische Berufsausübungsgesellschaften. Eine Klarstellung der Norm ist daher unbedingt notwendig. Unterbleibt diese, muss damit gerechnet werden, dass sich die Rechtsanwaltskammern im Zulassungsverfahren streng am Gesetzeswortlaut orientieren. Die Folge wäre eine Klageflut seitens ausländischer Berufsausübungsgesellschaften oder der – unberechtigte – Abschluss höherer Versicherungssummen. Eine Klarstellung könnte durch das Einfügen des Zusatzes „in Deutschland zugelassenen oder niedergelassenen“ in Abs. 2 und Abs. 4 erfolgen.