Einleitung

Unser Vorstandsvorsitzender, Philipp Plog, war als Sachverständiger bereits im Mai 2021 beteiligt, bei der Anhörung zum Legal Tech Gesetz vom Mai 2021 (zum „Gesetz zur Förderung verbrauchergerechte Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt“).

Auch damals ging es um das Regime der Inkassodienstleister. Die Legal Tech Geschäftsmodelle, denen sich Tausende von Diesel-Käufern, geprellten Mietern und gestrandeten Flugpassagieren anvertraut hatten, bekamen damals Rechtssicherheit.

Die große Koalition brachte das Gesetz in den letzten Tagen der Legislaturperiode über die Ziellinie. Es gelang aber nicht mehr, die Aufsichtsstruktur zu reformieren. Der parlamentarische Wille dazu wurde in einer Entschließung vom 10. Juni 2021 dokumentiert.

Heute geht es also darum, diese Reform abzuschließen. Und nicht darum, bereits geklärte Fragen – etwa zur Reichweite des Inkassobegriffs oder zur Zulässigkeit von Sammelklagen – noch einmal hervorzukramen.

Wir, der Legal Tech Verband in Deutschland, haben das Projekt unterstützt.

 

Hintergrund 

Das Gesetz aus dem vergangenen Jahr war ein Schritt zu mehr Vielfalt in der Rechtsberatung: weg vom überkommenen Anwaltsmonopol und hin zu einem offenen System, das unterschiedliche, auch niedrigschwellige Beratungsangebote schafft. 

Dazu gehören auch Vergütungsmodelle, bei denen die Berater den Mandant:innen die finanziellen Risiken einer rechtlichen Auseinandersetzung abnehmen – und im Gegenzug an einem möglichen Erfolg finanziell beteiligt werden („no win no fee“). 

 

Übergang vom Verbotsmodell zum Informationsmodell

Der neue Rechtsrahmen markiert den Übergang vom Verbotsmodell („mit Erlaubnisvorbehalt“) zu einem Informationsmodell. Die Abnehmer von Rechtsberatung sollen selbst entscheiden, wie viel individuelle Prüfung sie bezahlen möchten. Das dokumentieren die umfassenden Aufklärungspflichten für die Beratungsangebote, etwa zu den Vergütungsmodellen und den Risiken der Beratung. 

Die Zentralisierung der Aufsicht ist richtig. Es macht keinen Sinn, dass eine Vielzahl von Landesbehörden einen Flickenteppich von Entscheidungen schafft. 

Die Regulierer müssen zum Beispiel entscheiden, welche Beratungsangebote unter den Begriff der „Inkassodienstleistung“ fallen und welche nur als Nebenleistungen oder gar nicht registriert werden können. Dafür braucht es eine professionelle Aufsichtsstruktur, und diese Rolle soll das Bundesamt für Justiz nun einnehmen. 

Die Bundesregierung verzichtet mit dem Gesetzentwurf auf andere Maßnahmen der Angleichung zwischen Rechtsdienstleistern und Rechtsanwälten.

Auch das ist richtig.  Denn es wurden weitreichende Transparenzpflichten für die unterschiedlichen Vergütungsmodelle geschaffen.

 

Anwaltschaft

Aber wie sieht es mit den Anwälten aus? Sie dürfen seit dem vergangenen Jahr Erfolgshonorare anbieten. Bei gerichtlichen Verfahren bis zu einer Streitwertgrenze von 2.000 Euro (und außergerichtlich unbeschränkt).

Die Öffnung ist zu zaghaft, und sie ist auch nicht konsequent. Wir sind der Auffassung, dass Anwälte bei Erfolgshonoraren und Prozessfinanzierung nicht anders als Legal Techs behandelt werden dürfen. Und die unterliegen keiner Streitwertgrenze. 

Nun hat die Ampel im Koalitionsvertrag deutlich gemacht, dass sie über dieses Modell hinausgehen möchte. Sie hat sich nicht nur die „Erweiterung des Rechtsrahmens für Legal Tech-Unternehmen“ vorgenommen. Sondern auch die „Stärkung“ der Rechtsanwaltschaft, indem sie „das Verbot von Erfolgshonoraren modifizieren und das Fremdbesitzverbot prüfen [will]“ (Seite 111 des Koalitionsvertrages). 

Genau das tut dieser Gesetzentwurf noch nicht. Wenn der Gesetzgeber nun aber Hand an RDG und BRAO legt, dann sollte er diese Punkte auch beherzt angehen.

 

Verweis

Wir verweisen ergänzend auf unsere 

  • Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistungen und zur Änderung weiterer Vorschriften des Rechts der rechtsberatenden Berufe vom 31.03.2022,

die im Zusammenhang mit den entsprechenden Teilaspekten dieser Stellungnahme steht.